Die Salar der Uyuni ist mit ihren 11’000 Quadratkilometer der weltweit grösste Salzsee und wird jeden Tag von tausenden Touristen besucht. Obwohl Manuel bereits vor fünf Jahren hier war, haben wir uns entschieden, die Tour trotzdem zu buchen, denn es war Regenzeit und damit wurden uns spektakuläre, surreale Landschaften versprochen.

Als wir von Santiago nach Calama im Norden Chiles flogen und da mit dem Bus Richtung San Pedro fuhren, traf uns fast der Schlag. In einer der trockensten Wüsten der Welt war der Himmel mit bedrohlich schwarzen Wolken bedeckt und ein Gewitter war im Anmarsch. Und tatsächlich fielen nach wenigen Minuten die ersten Regentropfen und am Horizont erblickten wir mehrere Blitze. Im Hotel angekommen erklärte man uns, dass zwar gerade Regenzeit ist, jedoch in San Pedro normalerweise nur ca. 26mm Niederschlag im Februar zu erwarten ist. Dieses Jahr hingegen wurden Strassen überschwemmt, Häuser zerstört und in den vergangenen Wochen regnete es fast jeden Tag. Zudem präsentierte uns der Gastgeber des Hotels einen Zettel mit allen Sehenswürdigkeiten, die zur Zeit geöffnet haben. Fast alles war durchgestrichen. Als Manuel das letzte Mal in San Pedro war und sich während zwei Minuten ein paar wenige Regentropfen in die staubtrockene Wüste verirrten, strömten die Ladenbesitzer ungläubig aus den Häusern, breiteten ihre Arme aus und bewunderten den so seltenen und aussergewöhnlichen Regen.

Nach einer intensiven Recherche im Internet machten wir uns auf die Suche nach einem passenden Tour-Anbieter. In San Pedro findet man neben Souvenir-Shops und Restaurants etwa 100 verschiedene Reisebüros mit Uyuni-Touren. Es lohnt sich also, sich im Vorhinein Bewertungen durchzulesen und dann gezielt loszugehen. Nach ein paar Besuchen stellten wir fest, dass sie mehr oder weniger alle das Gleiche anboten die Originaltour war aufgrund der schlechten Strassenverhältnisse, wie vermutet, nirgends buchbar.

Im Wissen, dass die Salzwüste mit Wasser eine einmalige Möglichkeit sein wird, buchten wir unsere Round-Trip-Tour mit White&Green und bezahlten da pro Person 220 CHF. Dies würde den Transport, 3 Mahlzeiten pro Tag und 3 Übernachtungen beinhalten. Nationalpark-Eintritte, WC-Gebühren, sowie Snacks und Wasser musste man separat bezahlen. Dafür empfahlen sie uns 300 Bolivianos mitzunehmen (entspricht ca. 43 CHF), welche wir in San Pedro wechseln konnten. Mit ins Gepäck sollten zudem sehr warme Jacken, eine Mütze, Regenjacke, Klopapier und natürlich eine Kamera.

Tag 1 – San Pedro bis Villa Mar

Um 6.30 Uhr würde man uns vor dem Hotel abholen, so gingen wir also bei Zeiten ins Bett, packten alle unsere Sachen so um, dass wir die grossen Taschen im Hotel unterstellen konnten und standen um 6.25 Uhr schlotternd in der Dunkelheit bereit. Die einzigen Lebewesen auf den Strassen neben uns waren ein paar streunende Hunde. Um 7.15 Uhr fuhr dann endlich der Shuttle vor und wir trafen das erste Mal auf unsere drei Mitfahrer – eine australische Familie bestehend aus der 63 jährigen Mutter Barbara, dem Geologen und Schulleiter Peter und der Tochter Erin, die in unserem Alter war. Nachdem wir auch noch die vier Chinesen (die sich, wie sich herausstellte, online und unbekannterweise für eine Südamerikatour zusammenschlossen) und das südafrikanische Paar aufgegabelt haben, ging es los. 40 Minuten sollte es dauern, bis wir die chilenische Grenze erreichten. Danach würden wir frühstücken. Nur 10 Minuten später hielten wir hinter einer Schranke auf der Hauptverbindungsstrasse nach Argentinien weit und breit kein Grund der Sperrung zu sehen. Unser Fahrer Eduardo fragte dann ganz ruhig, ob wir jetzt frühstücken möchten oder lieber später. Die Chinesen im motivierten Kanon schrien: später! «Na gut,» meinte Eduardo, «wir warten jetzt hier». Auf die verwunderte Frage der Gruppe, wie lange dies dauern würde, meinte er: «Ich weiss es nicht, vielleicht eine Stunde. Oder Fünf. Oder vielleicht geht es gar nicht auf». Wir hätten bereits da erkennen müssen, dass es nicht im bolivianischen Blut liegt, frühzeitig zu kommunizieren und aufzuklären, was uns erwartet. Es sollte sich herausstellen, dass die Polizei seit ein paar Tagen die Strasse jeweils morgens sperrte und, sofern das Wetter passte, um ca. 9.30 Uhr die Schranken öffnete. Gefrühstückt haben wir dann wie alle anderen Tourbusse, Lastwagen und Autos trotzdem am Strassenrand, genossen den heissen Kaffee, ein frisches Sandwich und den Blick auf die schneebedeckten Vulkane.

Tatsächlich fuhr die Polizei nach zwei Stunden Wartezeit vor und öffnete uns den Weg. Die nächsten 30 Minuten Fahrtzeit den Pass hoch auf 4300 MüM bestaunten wir den wunderschönen Vulkan und lernten unsere Mitfahrer besser kennen. Dann endlich sind wir bei der chilenischen Grenze angekommen. Der eigentliche Start der Tour würde sich aber noch weiter verzögern. Wieder standen wir in einer langen Auto-Warteschlange. Die Grenzwächter hätten keine Erlaubnis zu arbeiten. Diese müsse von Santiago de Chile erteilt werden und solange galt es zu warten. Und das taten wir. Wie lange das dauern würde? «Keine Ahnung». Schlussendlich verharrten wir bei extrem dünner Luft und in Eiseskälte gut eine gute Stunde lang!

Endlich, um 11 Uhr, liessen wir den chilenischen Grenzposten hinter uns und sahen von weitem bereits die unzähligen 4×4-Jeeps jener Touren, die ihre Gäste abluden und auf die vielen Shuttle-Busse mit den Neuankömmlingen warteten. Die Einreiseprozedur an der bolivianischen Grenze war deutlich speditiver und schon kurz darauf sassen wir in unserem Jeep bei Freddy, dem Fahrer und Hary, unserem englischsprachigen Guide.

Manuel sicherte sich den Beifahrersitz mit etwas mehr «Beinfreiheit», während sich die anderen fünf hinten ins Auto zwängten. Die nächsten Stunden fuhren wir an vielen Lagunen vorbei, assen unser Mittagessen nach einem wärmenden Bad in der natürlichen Thermalquelle und beobachteten am Nachmittag die rosaroten Flamingos wie sie im Wasser nach Algen fischten.

Beim nächsten Stop, den Geysiren, befanden wir uns bereits auf knapp 5000 M.üM. – dem höchsten Punkt dieser Tour. Da schneite es und der kalte Wind bliess uns um die Ohren. Es sprudelte und brodelte aus allen Löchern – Absperrungen gab es keine und so konnten wir ganz nah an die grauen und roten dickflüssigen, blubbernden Massen und die ausströmenden Gase ran.

Die Landschaften an diesem ersten Tag waren unbeschreiblich und die langen Wartezeiten schnell vergessen. Während einem letzten Stop bei einem „Freiluft-WC“ ca. 1 Stunde von unserem Nachtlager entfernt, fing unser Auto plötzlich an zu rauchen und Kühlwasser plätscherte ungehindert auf den staubigen Boden. Mit unsicheren Blicken beobachteten wir Freddy und weitere Fahrer, wie sie um unser Auto herumstanden, sich den Schaden genauer ansahen und versuchten, diesen zu flicken. Tatsächlich schien das Wasser nach der provisorischen Reparatur nun drin zu bleiben und so fuhren wir die letzten Kilometer bis nach Villa Mar – unserer ersten, sehr einfachen Unterkunft.

Tag 2 – Villa Mar bis Uyuni

Am nächsten Morgen und nach einer bitterkalten, sauerstoffarmen Nacht waren wir froh, als es um 9 Uhr im geheizten Auto weiter ging. Die Sonne begrüsste uns zu einem neuen Reisetag, auf unebenen, holprigen «Strassen», mit vielen weiteren Erlebnissen. Der erste Stop befand sich bei interessanten Felsformationen, die unter dem blauen Himmel golden leuchteten. Ein riesengrosses Loch in einer Felswand wäre wo anders wohl die Hauptattraktion, wir hingegen konnten in aller Ruhe Fotos schiessen und die Umgebung zu Fuss erkunden. Da Peter – unser australischer Mitreisende – ehemaliger Geologe war, konnte dieser uns viele Details zu Gesteinen geben und dazu mit grosser Leidenschaft komplizierte Vorgänge in einer gratis Geologielektion erklären. Das war praktisch, denn Harry, unser Guide sagte während der gesamten Reise nicht allzu viel und gönnte sich auf grossen Teilen der Fahrt ein Schläfchen hinten im Auto.

Kurz vor der Mittagspause rauchte unser Auto ein weiteres Mal ohne Ankündigung. Draussen blitzte es mittlerweile im Sekundentakt und das Gewitter schien immer näher zu kommen. Freddy wagte sich in seinem dünnen Pullover bei Eiseskälte in den Regen, füllte geschätzte 20 Liter Wasser aus Trinkflaschen und einer nahegelegenen Pfütze in den dampfenden Kühler und so schafften wir es schliesslich, bis zu unserem Mittagsplatz, einer simplen Hütte mitten im Nirgendwo, zu stottern. Dort packte er seinen Overall aus und nahm – so schien es – das ganze Auto auseinander.

In der Zwischenzeit genossen wir einmal mehr das warme Essen und Harry erklärte uns, dass sie Ersatzteile aus Uyuni bestellen mussten. Da dies etwa 1.5-2 Stunden dauern würde, sollten wir doch zu Fuss zur nächsten Attraktion laufen. Tatsächlich stellte sich dieser Spaziergang als besonders sehenswert hinaus. Über eine atemberaubende Moorlandschaft wanderten wir an unzähligen Lamas vorbei, beobachteten Hasen, die im Fels lebten und ruhten uns danach an der Lagune aus, wo uns die Sonne nach dem heftigen Gewitter bereits wieder ins Gesicht schien.

Die Jeeps der anderen Touren waren die 1-2 Kilometer lange Strecke gefahren und plötzlich hiess es, auch Freddy sei bereits mit dem Auto an der Lagune. Jetzt sollten wir plötzlich vorwärts machen. Die Ersatzteile seien zwar nicht da, das Auto behelfsmässig geflickt und der Regen komme bald zurück, deshalb sollten wir so schnell wie möglich nach Uyuni kommen. Es stellte sich heraus, dass die Fahrt dahin nochmals knapp 4 Stunden dauerte und wir fragten uns, wie die Ersatzteile je in 1.5-2 Stunden hätten herkommen sollen. Mittlerweile wurden wir nicht mehr nervös, wenn Freddy alle 30 Minuten wieder das Auto abstellte, die Motorhaube öffnete und das Kühlwasser nachfüllte. Froh waren wir aber dennoch, als wir dann endlich in Uyuni in einem einfachen, aber hübschen und warmen Hostel eincheckten. Nach dem Abendessen fielen wir, während ein heftiges Gewitter über uns hinwegzog und in die Unterkunft regnete, alle müde ins Bett – viel Schlaf würden wir nämlich nicht kriegen, denn um 5 Uhr ging es bereits wieder los.

Tag 3 – Salar de Uyuni

Heute stand das Highlight der Tour auf dem Programm: die Salar de Uyuni die grösste Salzwüste der Welt. Aufgrund der aktuellen Regenzeit (Januar und Februar) und vergangenen starken Gewitter, mussten wir mit viel Wasser im See rechnen. Dies konnte einerseits bedeuten, dass wir mit dem Auto nur einen ganz kleinen Teil auf der Salzwüste fahren konnten und andererseits würde die Spiegelung, falls es windet, kaum sichtbar sein.

Trotzdem starteten wir den Tag um 5 Uhr in der Früh und fuhren eine gute halbe Stunde bis zur Grenze der Salzwüste. Der Himmel schien das erste Mal klar und als wir mit dem Auto aufs Wasser fuhren in der Ferne bereits einige Autos sahen und sich die Sonne langsam hinter den Bergen zeigte waren wir überglücklich und überwältigt. Wir fühlten uns wie auf einem Schiff.

Trotz leichtem Wind war diese erste Berührung mit dem Salzsee bereits wahnsinnig eindrücklich. Die Weiten liessen sich in der Halb-Dunkelheit nur erahnen und erst als die Sonne ganz aufging und wir in Richtung Salzhotel zum Frühstück fuhren, wurde uns bewusst, wie unglaublich gross diese Salzwüste ist. Die nächsten Stunde verbrachten wir damit, die für die Salar de Uyuni typischen Perspektiven-Fotos zu schiessen, mit dem Auto von einer Spiegelung zur nächsten zu fahren, uns mit Salzwasser einzudecken (viele Sprung-Fotos) und dieses Spektakel aufzusaugen.

 

Manuel, der den See bereits in seiner Trockenheit und jetzt auch mit Wasser drauf gesehen hat, meinte ebenfalls, dass die Salar de Uyuni bei Regenzeit nochmals eindrücklicher sei und es ihm sogar noch besser gefallen hat, als bei seinem ersten Besuch während der Trockenzeit vor fünf Jahren.

Nachdem wir die Salzwüste um die Mittagszeit wieder verlassen mussten, ging es weiter zum Zug-Friedhof. Die Fotos sehen toller aus, als es vor Ort war. Ein Highlight aber war der musikalische Auftritt der Folkloremusikanten und der vielen jungen Tänzer und Tänzerinnen, die fürs nationale Fernsehen gerade die Karneval-Werbung drehten – fast ohne Touristen. Wir spielen darin ebenfalls eine kleine Rolle (siehe Video).

Bereits nach dem Mittagessen mussten wir uns von unseren lieben Mitreisenden aus Australien verabschieden und so setzten wir uns zusammen mit dem Pärchen aus Südafrika die ebenfalls den Roundtrip gebucht haben in ein «neues» Auto, zurück nach Villa Mar. Doch keine halbe Stunde nach der Abfahrt in Uyuni stellte unser neuer Fahrer einen platten Reifen fest. Also nochmals alles zurück nach Uyuni, um das Ersatzrad anzuschrauben – beim Mechaniker wurde vergebens geklopft und so gab es auch kein neues Rad. Mit einem etwas mulmigen Gefühl und einem Ersatzrad ohne Profil ging es dann aber ohne Probleme bis zur Unterkunft, die wir etwas angeschlagen und nach einer holprigen, fünfstündigen Fahrt mit nur einem Stop erreicht haben.

Am nächsten Morgen ging es noch früher los als die letzten Tage um 4 Uhr startete der Motor unseres Autos  bei totaler Dunkelheit, aber mit einem sternenklaren Himmel. Diese Gegend gehört übrigens aufgrund der Höhe, der klaren Luft und der nicht existierenden Lichtverschmutzung zur besten weltweit, um Sterne zu beobachten!

Nach knapp einer Stunde Fahrt durch die bolivianischen Anden auf über 4000 M.üM. wurde unser Auto immer langsamer, bis es zum totalen Stillstand kam. Der Motor stotterte zwar noch, die Elektronik schien aber ein ziemlicher Morgenmuffel zu sein und legte das Auto lahm. Dieses Mal endgültig. Das Radio, aus dem Partymusik in einer unerträglichen Lautstärke dröhnte, liess sich nicht mehr regulieren. Wir, im Nichts. Ahnungslos. In absoluter Dunkelheit in den Anden. Ein kaputtes Auto. Und Partymusik, die vermutlich noch die Lamas in 10 Kilometern Entfernung geweckt hat. Der Fahrer und der Guide schienen keine besonderen Mechaniker-Fähigkeiten vorzuweisen und so probierten sie Mitten im Nirgendwo um 5 Uhr morgens jemanden zu erreichen natürlich vergebens. Was genau mit dem Auto los ist und wie es denn weitergehen sollte, wurde uns natürlich nicht gesagt.


Dass sich nach ca. 30 Minuten ein weiteres Auto aus der Ferne näherte, war unser grosses Glück. Der neue Fahrer nahm uns mit, unseren alten Fahrer liessen wir mit dem Auto in der Dunkelheit zurück und ohne Probleme erreichten wir nach fünf Stunden die bolivianisch-chilenische Grenze, wo wir uns frierend und müde zur Ausreise einreihten. Auf der Fahrt genossen wir noch einmal die unglaublichen Landschaften – dieses Mal bei Sonnenaufgang.

Dass unser Shuttle zurück nach San Pedro an der Grenze bereits auf uns wartete, deuteten wir als gutes Zeichen hatten wir doch am ersten Tag Stunden bei der Strassensperre und am Zoll verbracht. Tatsächlich sassen wir schnell mit weiteren Gästen im Auto und fuhren langsam Richtung chilenischer Zoll. Doch auch da hiess es wieder: warten. Dieses Mal waren es zwei Stunden! Nicht etwa, weil nicht gearbeitet werden durfte, sondern weil jedes Gepäckstück jeder einzelnen Person von Hand durchsucht wurde. Von einem einzigen Beamten. Die übrigen Bewacher schauten belustigt zu. Die chilenische Polizei gilt als besonders genau vor allem Früchte werden auf keinen Fall geduldet und hoch gebüsst. Interessanterweise konnte Manuel bei Einreise den Luzerner Rahmkäse und die verpackten Cervelats ohne Probleme einführen.

Zurück in San Pedro begrüsste uns die warme Sonne und die staubtrockene Luft. Am Nachmittag mussten wir uns trotz grosser Müdigkeit hinter den Laptop setzen und Mails aufarbeiten doch die Erinnerungen an diese vier Tage werden uns für immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Salar de Uyuni im aktuellen Video